Die Ursachen des Trockenen Auges sind vielfältig und bestimmen die
Veränderungen am Auge. Allen Formen des Trockenen Auges gemeinsam ist eine
Konzentrationszunahme des Tränenfilms (erhöhte Osmolarität) und eine
Tränenfilminstabilität. Die Konzentrationszunahme des Tränenfilms verursacht
Schäden der Augenoberfläche und löst eine Entzündung aus. Diese Veränderungen
bewirken das Absterben der Oberflächenzellen wie auch der wichtigen
schleimproduzierenden Becherzellen, was dazu führt, dass der Tränenfilm
zusätzlich instabil wird.
Die Schmerzen beim Trockenen Auge entstehen, indem durch die
Trockenheit, das Absterben der Oberflächenzellen und die vermehrte Reibung die
Nerven in der Hornhaut stimuliert werden. Dieser Schmerzreiz bewirkt
kompensatorisch einen häufigeren Lidschlag und/oder eine vermehrte Tränenproduktion.
In den Anfangsstadien des Trockenen Auges kann dies zu einem tränenden Auge
führen.
Die Hauptursachen von Tränenfilmstörungen sind eine verminderte
Tränenproduktion bzw. (wesentlich häufiger) vermehrte Verdunstung bei nicht
optimaler Tränenfilmzusammensetzung.
In der Praxis sind es also vor allem Störungen der Ölschicht, welche
ein Trockenes Auge auslösen. Studien zeigten, dass etwa 75% der Patienten an
einer Störung der Ölschicht, etwa 10%
an einer Störung der wässrigen Schicht und ca. 40% an kombinierten Störungen leiden.
Dies ist auch ganz klar mein Eindruck in der Praxis. Viele Patienten kommen mit
isolierten oder kombinierten Störungen der Ölschicht, was den Therapieansatz deutlich
verändern kann, weg von den (zu) häufig genutzten Tränenersatzmitteln.
Störungen der Ölschicht treten auf, wenn die Drüsen an der Lidkante
(Meibomdrüsen) erkrankt sind (Meibomdrüsendysfunktion) oder das Öl durch eine
bakterielle Entzündung an der Lidkante (Blepharitis) zu stark zersetzt wird.
Wird nicht mehr genügend Öl für den Tränenfilm produziert, können Umweltbedingungen
mit geringer Luftfeuchtigkeit und hoher Luftströmung den Tränenfilm schneller
zum Aufbrechen bringen. Dies zeigt sich darin, dass der Tränenfilm zum Beispiel
im Haus noch hält, aber wenn man nach draussen geht, wo es kalt und windig ist,
das Auge zu Tränen beginnt. Für eine Liderkrankung mit resultierendem Öldefizit
ist in erster Linie eine Lidrandtherapie und in zweiter Linie eine
Tränenersatztherapie angezeigt.
Eine verminderte Tränenproduktion und somit eine Störung der
wässrigen Phase des Tränenfilms sehen wir gehäuft mit zunehmendem Alter. Es ist
unklar ob die entzündlichen Veränderungen der Drüsen im Rahmen des Alterns ein
normaler Alterungsprozess sind. Wir wissen allerdings, dass eine geringe
Androgenkonzentration im Gewebe die Entzündung am Auge begünstigt.
Häufig finden sich wässrige Störungen des Tränenfilms bei
autoimmunen Störungen wie dem Primären oder Sekundären Sjögren-Syndrom. Autoimmunerkrankung ist in der Medizin
ein Überbegriff für Krankheiten, deren Ursache eine überschiessende Reaktion
des Immunsystems gegen körpereigenes Gewebe ist. Beim "Primären
Sjögren-Syndrom" kommt es in diesem Rahmen über kurz oder lang zu einer
Zerstörung der Drüsen, die zur Tränenproduktion wichtig sind. Die Folge ist
eine verminderte Produktion von Tränen mit dem Resultat eines Trockenen Auges -
aber auch eines trockenen Mundes, da die Speicheldrüse ebenfalls betroffen ist.
Zudem können die Nerven in der Tränendrüse geschädigt
werden, was zur Folge hat, dass Informationen aus und zu der Tränendrüse nicht
mehr optimal weitergeleitet werden können.
Gehäuft treten beim Sjögren-Syndrom zusätzlich Entzündungen der
Blutgefässe und/oder Bluterkrankungen auf. Allerdings leiden nur ca. 1% der
Patienten mit einem Trockenen Auge tatsächlich an einem Sjögren-Syndrom.
Als "Sekundäres Sjögren-Syndrom" bezeichnet man ein
Trockenes Auge welches im Rahmen von anderen Autoimmunerkrankungen wie z.B.
Gelenkrheuma, Systemischer Lupus Erythematodes, Sklerodermie, Dermatomyositis,
etc... auftritt. Es gibt auch Autoimmunprozesse, die direkt an der Bindehaut
des Auge auftreten. Diese Augenerkrankungen sind aber sehr selten in der
täglichen Praxis zu sehen (Okuläres vernarbendes Pemphigoid, Lyell-Syndrom,
Stevens-Johnson-Syndrom, Reiter-Syndrom, Graft-versus-Host-Erkrankung nach
Transplantationen).
Auch durch narbige Veränderungen der Bindehaut im Zuge einer
schweren Bindehautentzündung können die Tränendrüsenausführungsgänge vernarben.
Somit kann kein oder nur noch wenig Sekret aus den intakten Drüsen abgegeben
werden.
Schliesslich führt die chronische Augenoberflächenschädigung durch
das Trockene Auge selbst zu einer Herabsetzung der Hornhautempfindlichkeit und
in der Folge zu einer verminderten Produktion an Tränenflüssigkeit. Das
Trockene Auge unterstützt sich sozusagen selbst. Eine ähnliche Herabsetzung der
Hornhautempfindlichkeit findet sich auch nach refraktiven Eingriffen
(LASIK-bedingtes Trockenes Auge), beim Tragen von Kontaktlinsen und chronischem
Missbrauch von anästhesierenden Augentropfen.
Die Tränenfilminstabilität kann direkt aber auch durch einen
Vitamin-A-Mangel, eine Augenallergie, Verwendung von Konservierungsstoffen in Augentropfen und
Tragen von Kontaktlinsen ausgelöst werden. Vor allem das Tragen von
Kontaktlinsen führt über kurz oder lang zu einer Störung des Tränenfilms, weil
Kontaktlinsen das Auge auf verschiedene Art beeinträchtigen (s.o.) und mündet
oft in einer Unverträglichkeit, die das Tragen von Kontaktlinsen verhindert.
Auch zahlreiche Medikamente verursachen ein Trockenes Auge. Bekannt
ist dieser Effekt vor allem von angstlösenden Medikamenten (z.B.
Benzodiazepine), Antidepressiva, Antiparkinsonmitteln, Medikamenten gegen Allergien,
Anticholinergika, Blutdruckmedikamenten und einigen Vitamin-A-Abkömmlingen.
Diese Medikamente einfach wegzulassen ist generell nicht angeraten und oft
unmöglich, im Zweifelsfall muss man das zusammen mit dem Hausarzt abwägen.
Wenn Sie bis hier durchgehalten haben wissen Sie nun vor allem
eines: Die Ursachen eines Trockenen Auges sind vielfältig! Das Risiko an einem
Trockenen Auge zu erkranken, steigt zudem mit zunehmendem Alter, was
epidemiologischen Studien deutlich zeigen. Mit 45 Jahren liegt das Risiko ein
Trockenes Auge zu bekommen bei 5%. Sind Sie 65 Jahre alt so haben Sie schon ein
15%-Risiko ein Trockenes Auges zu entwickeln.
Da die Ursachen so vielfältig sind, ist es jeweils sehr wichtig nach dieser Ursache zu fahnden. Ist die Ursache dann klar, so kann in der Regel eine deutlich bessere Behandlung die Folge sein.
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