Montag, 8. Mai 2017

Ich finde keinen Augenarzt - was tun?

Ich sollte in diesem Blog eigentlich monatlich (mindestens!) etwas schreiben, und nicht nur alle 5 Jahre (ist das wirklich schon so lange her?). Aber wie schon John Lennon bemerkt hat "Life is what happens to you while you are busy making other plans..."

Wie auch immer, heute werde ich mich nun mal eines Themas annehmen, das vielen Menschen auf den Nägeln brennt, ein Thema zu dem ich auch heute noch Emails bekomme, obwohl der Blog von mir ja nicht gut gepflegt wurde: Was kann man selber machen?

Selbstdiagnose?

Typischerweise schreiben mir Patienten, die schon unglaublich lange mit ihren Augenproblemen von Pontius zu Pilatus gehen. Oft ist dann die Frage:
Kann das auch ein Befall mit Demodex-Milben sein? Was kann ich tun?
Früher habe ich dann oft geantwortet, dass die Diagnose des Demodex-Befalls ja nun keine Rakentenwissenschaft ist, und man doch einfach einen Augenarzt suchen soll, der das macht. Nur hat sich dann herausgestellt, dass das gar nicht so einfach ist. Sogar in Ambulanzen von Universitätskliniken wurden manche Patienten mit ihrem Ansinnen abgewiesen und (so sehe ich das zumindest) mit dem Problem weitgehend alleingelassen.

Eigentlich braucht man nur ein Mikroskop und eine Pinzette. Wir haben (ich kann das jetzt auch mal gestehen) einfach ein uraltes, preiswertes, optisch und mechanisch exzellentes Zeiss-Mikroskop gekauft, das ist eine überschaubare Investition mit grossem Nutzen (und ich hatte sehr gute Erfahrungen mit www.thilo-immel-optics.de gemacht). 

Also, die Diagnose wäre einfach, ist sie aber nicht, weil offenbar niemand ein Mikroskop hat.
Die Anfragen, die ich bekomme, stammen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum, und in der Regel ist es den Patienten nicht möglich, einfach mal in Emmenbrücke einen Termin zu vereinbaren, diese Option fällt also auch weg.

Fernheilung?

Als Ärztin widerstrebt es mir sehr, Therapievorschläge zu machen, ohne die Patienten gesehen zu haben, ohne zu wissen, was genau vorliegt, ohne untersuchen zu können, ob vielleicht etwas ganz anderes am Auge passiert - ich halte es fast für unethisch, irgendwelche Ratschläge zu geben, die auf meist sehr unvollständigen Informationen beruhen.

Andererseits ist es auf alle Fälle unethisch, überhaupt keine Hilfsbemühung zu machen. Und wohl wissend, dass die möglicherweise eine rechtliche Grauzone ist, schreibe ich den Patienten oft, was andere Patienten vorher gemacht haben. Es muss aber klar sein, dass dies kein Therapievorschlag für das Leiden des spezifischen Patienten sein kann (dessen Leiden ich ja gar nicht wirklich beurteilen kann). Es ist vielmehr eine Vorgehensweise für einen Therapieversuch, den ein mündiger Patient durchaus selbst durchführen kann.

Idealerweise werden alle Therapien des Demodexbefalls nur durchgeführt, wenn der Demodexbefall auch nachgewiesen ist. Wenn das aber nun nicht möglich ist? Dann haben andere Patienten in der Vergangenheit diesen Therapieversuch mit Teebaumölpräparaten durchgeführt:
Man kann meines Erachtens der unten beschriebenen Teebaumöl-Therapie ruhig mal eine Chance geben, wenn es nichts nützt dann hat es auch nicht geschadet (sofern man vorsichtig vorgeht). 
Da Teebaumöl selbst sehr irritierend für die Schleimhäute ist, empfehle ich, es AUF KEINEN FALL unverdünnt oder in relativ hoher Konzentration anzuwenden. Manche Studien haben Verdünnungen (z.B. mit Macadamiaöl) empfohlen, aber auch das scheint nicht unbedingt nötig. 
Ich gebe meinen Patienten das Produkt "Navi-Blef" ab. Das enthält zwar sehr wenig Teebaumöl, funktioniert aber erstaunlicherweise sehr gut. Das Produkt ist in Frankreich und der Schweiz zugelassen, in Deutschland m.W. nicht. Das macht aber nichts, die meisten Apotheken können das besorgen. (Kostet in der Schweiz ca. €15 — ich habe es in Deutschland für 11–12€ gesehen).
Das Produkt bitte nach Anleitung an den Augen benutzen, bis es leer ist. Das dauert so ca. 3 Wochen, und eine Verbesserung sollte bis dahin wenigstens spürbar sein, sonst muss man das halt als Fehlversuch werten. 
Zusätzlich sollte man Gesicht und Haare mit normalem Teebaumölshampoo (Reformhaus) häufig waschen (und dabei gut einwirken lassen!), da die Milben sonst wieder aus Kopfhaaren und Gesichtsflaum einwandern können. 
Ich will nicht verhehlen, dass uns Patienten einerseits zwar spektakuläre Erfolge bis hin zum Verschwinden aller Probleme berichten, dass aber es durchaus auch Fälle gibt, in denen der Erfolg sehr überschaubar bzw. gar nicht vorhanden ist. 
WENN das Problem von den Milben kommt, dann wird das Teebaumöl wahrscheinlich helfen, und einen Versuch ist es wert.


Wie gesagt, aus meiner ärztlichen Sicht wäre es idealer, vor einem Therapieversuch eine Diagnostik durchgeführt zu haben. Aber die Welt ist ja nicht immer ideal.


Freitag, 7. September 2012

In eigener Sache (03): Therapie des Demodexbefalls

Eigentlich vermeide ich ja, in diesem Blog spezifische Präparate zu nennen, damit nicht der Anschein erweckt wird, ich bewerbe bestimmte Medikamente. Der Blog ist werbefrei und unbeeinflusst, und das bleibt auch so.

Nun ist es aber so, dass der Artikel zum Demodexbefall dazu führt, dass ich praktisch wöchentlich Mail erhalte von Patienten, die nach Details der Teebaumöltherapie fragen. Und da ich diese Mails so gut es geht natürlich auch beantworte, ist m.E. nun nichts dabei, diese Antworten auch in den Blog zu schreiben, am Besten in einer Frage/Antwort-Form.

Aber bitte denken Sie daran, dass dies keine Theapieemfehlungen für IHREN spezifischen Fall sind. Das sind generelle Angaben, die Sie mit dem AUgenarzt Ihres Vertrauens besprechen sollten.


Mein Augenarzt/Optiker/Heilpraktiker sagt, ich hätte Demodexmilben und nun soll ich behandelt werden...


Dazu ist immer meiner erste Frage: Ist denn ein Befall mit Demodexmilben diagnostiziert worden?

Dazu möchte ich sicherheitshalber anmerken, dass das Teebaumöl nicht grundsätzlich gegen eine chronische Lidrandentzündung hilft, sondern nur, wenn die Entzündung it einem Befall von Demodex-Milben einher geht (was aber häufig der Fall ist).
Wenn kein Milbenbefall vorliegt, wird die Therapie eher wenig bringen und dann sollte man anders vorgehen.

Die Diagnose ist übrigens nicht schwierig, man reisst ein paar Wimpern aus, gibt einen Tropfen Wasser (evtl. noch Färbemittel und Deckglas) dazu und legt das Ganze unter ein Mikroskop, falls vorhanden. Die Milben sind dann oft versteckt im Haarfollikel (also bei weitem nicht so gut zu sehen wie hier: Youtube-Video) . aber mit etwas Geduld kann man sie leider oft finden.


Soll ich mit reinem Teebaumöl behandeln?


Reines Teebaumöl wirkt reizend auf die Augen, sollte also nicht angewendet werden.

Häufig wird empfohlen, das Teebaumöl mit Macadamiaöl auf 50% zu verdünnen - aber ich bin da immer etwas skeptisch, es gibt dann halt viele Fehlerquellen und wenn man es statt auf die Lider ins Auge reibt ist sicher eine Reizwirkung vorhanden.

Andererseits gibt es viele Menschen, die das problemlos machen, nur will ich mich nicht zu einer allgemeinen Empfehlung durchringen.

Was nicht übersehen werden sollte: Die Einwirkzeit ist of wichtiger als die Konzentration, das Auftragen des verdünnten Öls in Verbindung mit einer langen Einwirkzeit (>15 Min.) ist sicher ideal.

Was empfehlen Sie Ihren Patienten?


Meinen Patienten empfehle ich ein handelsübliches Teebaumölshampoo (Reformhaus, auch in Deutschland oder Österreich erhältlich) für Haare und Augenbrauen, damit keine Wiederbesiedelung von diesen Haaren aus stattfinden kann (auch hier: lieber lange einwirken lassen).

An den Wimpern selber empfehle ich "Navi-Blef", eine Art Schaum zur Anwendung am Auge. Dieser ist in der Schweiz und Frankreich zugelassen und man kann sich den Schaum (nicht wahnsinnig teuer) i.d.R. über eine internationale Apotheke bestellen.

Bei konsequenter Behandlung ist das auch eine gute Therapie, und möglicherweise insgesamt weniger mit Nebenwirkungen behaftet.

Trockenes Auge nach LASIK

Liebe Leser meines Blogs,


schon länger habe ich nichts mehr auf meinem Blog geschrieben. Es tut mir leider, dass dem so ist, aber mein Zeitmangel ist der Grund. Es gäbe viele interessante Themen zum Trockenen Auge zu besprechen doch eben...

Der Grund warum ich nun doch wieder einmal hinsetze und schreibe, sind Begegnungen mit Menschen die sich einer LASIK Operation der Augen unterzogen haben und nun seit Jahren an einem Trockenen Auge leiden. Jeder der ein Trockenes Auge kennt, weiss wie mühevoll die Beschwerden sind und wie stark sie den Alltag beeinträchtigen.

Ich möchte hier kurz die Therapiemöglichkeiten ansprechen, welche es beim Trockenen Auge nach LASIK gibt.

Dieser Artikel ist eine Zusammenfassung (bzw. ein Auszug) dieses Papers:
Shtein, Roni M; Post-LASIK dry eye; Expert Rev Ophthalmol. 2011 October ; 6(5): 575–582.


Die Behandlung des Trockenen Auges nach LASIK


Tränenersatz

Milde Fälle können gut mit den gängigen künstlichen Tränen behandelt werden. Am besten wären unkonservierte Augentropfen, da auch die Konservierungsmittel schädlich sind.


Punctum Plugs

Wenn dies nicht reicht wäre ein Verschluss der Tränenpünktchen mit sogenannten "Punctum Plugs" zu diskutieren. Dieser Verschluss des Tränenpünktchens entweder nur der unteren oder auch oben und unten kann dazu beitragen, dass mehr Tränenflüssigkeit am Auge stehen bleibt und damit die Befeuchtung des Auges optimaler ist. "Punctum plugs" sind eine effektive Behandlung des Trockenen Auges und können auch nach Jahren wieder entfernt werden, wenn sie nicht mehr gebraucht werden.


Therapie der Meibomdrüsen

Immer sollte neben der Behandlung des Trockenen Auges nach Lasik auch ein Blick auf die Meibomdrüsen geworfen werden und falls nötig aus diese behandelt werden. Sehr häufig besteht parallel zum Trockenen Auge nach Lasik eben auch noch eine Meibomdrüsendysfunktion, welche die Beschwerden noch erhöht. Die Behandlung der Meibomdrüsen behandelt warme, feuchte Kompressen, leichte Massage der Lidränder und Reinigung der Selben. Manche Patienten profitieren auch von der Einnahme von Tetracyclinen, welche antientzündlich sowohl auf die Haut als auch die Meibomdrüsen wirken.


Antientzündliche Therapie

Trockenes Auge ist aber auch eine entzündliche Erkrankung, deshalb kann es sinnvoll sein eine entzündungshemmende Therapie beim mittleren bis schweren trockenen Auge durchzuführen. Es können topische Kortikosteroid-Augentropfen für kurze Zeit und unter augenärztlicher Kontrolle gegeben werden. Langfristig können lokale Steroide den Augendruck erhöhen und einen Grauen Star hervorbringen.

Eine Alternative zu den Steroiden wäre Cyclosporin A 0,05%, welches aber in Europa nicht kommerziell erhältlich ist. Es ist ebenfalls eine guter Entzündungshemmer, der sicher und wirksam eingesetzt werden kann. Die Herstellung ist grundsätzlich in einer lokalen Apotheke möglich.


Autologes Serum

Spricht ein Trockenes Auge nach LASIK immer noch nicht auf die Therapie an, so kommt autologes Serum zum Einsatz. "Autologes Serum"-Augentropfen werden aus patienteneigenem Serum hergestellt. Das Serum liefert eine einzigartige Quelle von Wachstumsfaktoren und anti-entzündlichen Faktoren. Sowohl beim Trockenen Auge anderer Ursachen, aber eben auch beim Trockenen Auge nach LASIK, hat es gute Wirkung gezeigt. Nachteil dieser Behandlung ist die Handhabung. Man muss sich zum einen Blut abnehmen lassen und zum anderen müssen die Augentropfen immer im Kühlschrank gelagert werden, weil sie nicht konserviert sind und Bakterien Blut ja bekanntlich lieben um sich zu vermehren.

Bei meinen Patienten habe ich schon sehr viele gute Erfahrungen mit autologem Serum machen können.


Sklerale Kontaktlinsen

Eine weitere Behandlungsmöglichkeit bei schweren Fällen von trockenem Auge sind sklerale Kontaktlinsen. Sklerale gasdurchlässige Kontaktlinsen sind grösser als normale Kontaktlinsen und erlauben der Tränenflüssigkeit länger am Auge stehen zu bleiben.


Schmerztherapie

Da bei der LASIK Hornhautnerven geschädigt werden und diese sich nicht in jedem Fall erholen, geht man heutzutage auch von einem neuropathischen Schmerzmuster aus. Es kann deshalb Sinn machen, bei einem Schmerztherapeuten vorstellig zu werden, der genau diesen neuropathischen Nervenschmerz dann mit Tabletten behandelt.
Sollte man an einem chronischen Trockenen Auge nach LASIK leiden (mehr als ein Jahr) so ist es sicher sinnvoll einen Experten bezüglich Trockenem Auge aber auch einen Experten bezüglich neuropathischem Schmerz bei der Hand zu haben.

Montag, 12. September 2011

In eigener Sache (02): Neulich, im Restaurant

Vorwegschicken möchte ich, dass es selbstverständlich nicht meine Art ist, im Restaurant an den Nebentischen zu lauschen. Andererseits kommt man manchmal halt nicht umhin, mitzuhören - und wenn es dann um Augenheilkunde geht, dann hört man halt doch hin...

Wie auch immer, wir waren neulich schön essen und am Nebentisch waren drei Personen, ein älteres Ehepaar und eine jüngere Person. Irgendwann muss das Gespräch dann auf die üblichen Gebrechen des fortgeschrittenen Lebensalters gekommen sein, und der ältere Herr erzählte, dass er auch mit seinen Augen so Mühe habe.

Unterstützt von bestätigenden Einwürfen seiner Frau erzählte er, wie lästig doch das Tränen seiner Augen sei, das zeitweilige schlechte Sehen, das Jucken. Und vor allem im Winter oder beim Spazierengehen sei das verrückt, wie schnell das Tränen anfange. Sehr einschränkend und sehr störend.

Für mich war da schon mal ein Verdacht gegeben - eine Meibomdrüsendysfunktion ist sehr wahrscheinlich und sollte entweder ausgeschlossen oder behandelt werden.

Der Herr erzählte weiter, dass er seinen Augenarzt zu seinen Beschwerden konsultiert habe - nun wurde es interessant. Der Augenarzt habe ihm dann auch schnell gesagt, dass ein Grauer Star seinen Beschwerden zugrundeliege und nur eine Operation helfe.

Nun kann ein Patient im fortgeschrittenen Alter natürlich einen Grauen Star haben. Und dieser gehört, wenn er genügend ausgeprägt ist, auch operiert. Aber ein Grauer Star als Ursache für winterliches Augentränen? Hmmmm...

Der Patient selbst schien auch Zweifel zu haben. Er erzählte, sich auf jeden Fall eine Zweitmeinung einholen zu wollen und zwar, weil "sein" Augenarzt nicht selbst operiert, bei einem anderen Augenarzt, der dann im Zweifelsfall auch die Staroperation durchführen könnte.

Ich bin nicht sicher, ob der Weg dann wirklich zielführend ist. Die Frage für mich ist dann aber auch immer: Was macht man in einer solchen Situation? Macht man nichts, lässt man die Leute sehenden Auges ins Unglück rennen. Sagt man etwas ist klar, dass man (absichtlich oder nicht) ein halbprivates Gespräch belauscht hat.
Arzt zu sein hat so seine moralischen Fallstricke, wie auch George Bernhard Shaw schon wusste. Ich hatte mich auf jeden Fall dafür entschieden, höflich zu bleiben und mich nicht einzumischen...

Sonntag, 11. September 2011

Antiaging und Trockenes Auge

Ich bin immer auf der Suche nach neuen Ansätzen, Patienten mit Trockenem Auge zu behandeln. Nahrungsergänzung ist dabei natürlich ein zentrales Thema. Die Behandlung des Trockenen Auges mit Omega-3-Fettsäuren praktiziere ich in meiner Praxis schon seit zahlreichen Jahren und mit der Wirkung der Omega-3-Fettsäuren bin ich mehrheitlich zufrieden.
Prof. Tsubota aus Japan geht noch einen Schritt weiter, er ist überzeugt, dass das Trockene Auge mit Mitteln des Antiaging verbessert werden kann.
Ich möchte Ihnen diesen Artikel nicht vorenthalten, nicht zuletzt weil ich beim TFOS-Kongress in Florenz Prof. Tsubota habe zu diesem Thema referieren sehen/hören und er das Thema mit sehr viel Energie, sehr lebendig und sehr interessant besprochen hat…

Dieser Artikel ist eine Zusammenfassung (bzw. ein Auszug) dieses Papers:
Tsubota K, et. al: The Era of Antiaging Ophthalmology comes of Age: Antiaging Approach for Dry Eye Treatment. Ophthalmic Res 2010;44:146-154



Einleitung

In der Augenheilkunde gibt es viel alterbedingte Erkrankungen wie z.B. Katarakt, Makuladegeneration, Glaukom, Pterygium (eine gutartige Bindehautveränderung), Bindehautfalten (Bindehautchalasis), diabetische Netzhauterkrankungen, Netzhautvenenverschlüsse, hängende Oberlider (Ptosis) und Trockenes Auge. Alle diese Erkrankungen machen 80% aller Augenerkrankungen aus. Alter ist somit ein wichtiger Risikofaktor für die Entwicklung von Augenerkrankungen.
In den letzten Jahren hat die wissenschaftliche Erkenntnis zugenommen, dass die Kalorienreduktion(KR) die Lebensspanne von zahlreichen Tieren deutlich verlängern kann. Der wichtige Punkt in Bezug auf KR ist jedoch, dass auch altersbedingte Erkrankungen wie z.B. Krebs, Diabetes und/oder kardiovaskuläre Erkrankungen scheinbar verzögert oder gar behandelt werden können. Zusätzlich zur Theorie der Kalorienrestriktion gibt es auch noch die Theorie der freien Radikale welche ebenfalls eine Rolle bei Alterungsprozess spielen soll. Nach dieser Theorie können Alterungsprozesse über die Kontrolle der sogenannten „reactive oxygen species“ (ROS) beeinflusst werden.


CR Theorie

Die mittlere und maximale Lebensspanne von vielen Arten z.B. von Würmern, Nagetieren und Affen kann durch Kalorienreduktion bis zu 50% verlängert werden. Wie kommt dies? Scheinbar wirkt sich KR auf die Genexpression während des Alterns aus und führt zu einem gesünderen Leben. Bei der KR kommt es zu einer Unterdrückung des „Insulin-like“ Wachstumsfaktors/Insulinsignalen oder zur Aktivierung von Sirtuinmolekülen.


Somit führt KR zu einem besseren Gesundheitszustand und führt zu einem längeren Leben.
Da KR im Alltag schwierig zu befolgen ist, wird nach Wegen gesucht diese molekularen Effekte mittels KR-Mimetika (Mimetika = Medikamente, welche den gleichen Effekt haben, wie das ursprüngliche Produkt) zu erreichen. Mögliche KR-Mimetika sind verschiedene Arten von Polyphenolen wie z.B. Resveratrol, Quercetin und Butin. Resveratrol erhöht die Aktivität und Transkription von Sirtuins. Dieses interagiert mit verschiedenen Transkriptionsmolekülen welche den Antiaging-Effekt unterhalten. Es ist klar, dass beim Menschen die chronisch erhöhte Kalorienzufuhr über die Zeit ein Risikofaktor für verschiedene altersbedingte Erkrankungen (Diabetes, hoher Blutdruck, Herzerkrankung) ist. Gegenwärtig ist es noch nicht gänzlich geklärt, ob altersbedingte Augenerkrankungen durch KR verhindert werden können. Es scheint aber sehr wahrscheinlich zu sein.


Theorie der freien Radikale

Die Theorie der freien Radikale wurde als Hauptmechanismus des Alterungsprozesses gesehen. Die freien Radikale (ROS = reactive oxygen species) schädigen wichtige Zellmoleküle wie Proteine, Lipide und DNA. ROS werden in den Mitochondrien, im Zytoplasma und in extrazellulären Komponenten gebildet. Die Überproduktion von ROS in den Mitochondrien verkürzt das Leben von Würmern. Im Kontrast dazu kann eine Überproduktion von Superoxiddismutase (SOD) und Katalase, beides antioxidative Enzyme, die Lebenspanne von Drosophila (einer Fliegenart) und Mäusen verlängern. Die von den Mitochondrien produzierten ROS sind wichtig, nicht vernachlässigen darf man jedoch die durch Licht induzierten ROS. Der Alterungsprozess der Haut ist hauptsächlich durch Licht verursacht, ein Prozess der als „photoaging“ (Alterung der Haut durch Licht) bezeichnet wird. Beim „Photoaging“ der Haut sind ROS wesentliche Faktoren. Da Exposition zu Licht und ultraviolettem Licht Hauptrisikofaktoren für die Entwicklung einer Katarakt und einer AMD sind, könnte Photoaging ein wichtiger Prozess bei den Alterungsprozessen am Auge sein. Nach der Theorie der Freien Radikale kann eine Kontrolle der ROS den Alterungsprozess verlangsamen und auch die altersbedingten Erkrankungen unterdrücken.


KR und Augenerkrankungen

Mehrere Studien haben sich mit den Effekten von KR bei Augenerkrankungen beschäftigt. Die meisten Studien bestätigen den positiven Effekt von KR in der Pathologie von Augenerkrankungen. Obwohl das KR-Konzept noch nicht häufig in der Prävention oder in der Behandlung von Augenerkrankungen angewendet wird, scheint es Potential zu haben.
Ein anderer Ansatz ist die Anwendung von Resveratrol für die Behandlung von Augenerkrankungen. Wir haben eine Pilotstudie durchgeführt, um zu sehen welche Effekte Resveratrol in einer durch Lipopolysaccharide ausgelöste Uveitis in Mäusen hat.
Unsere Daten bestätigen, dass Resveratrol die Aktivität von Sirtuin im Auge erhöht und Entzündung in der Netzhaut unterdrückt. Auch die Leukozytenadhäsion an die Blutgefässe wurde durch Resveratrol vermindert. Gegenwärtig wenden wir Resveratrol in einem Tiermodel für Trockene Augen an. Da Entzündung ein Hauptfaktor in der Pathogenese des Trockenen Auges ist, könnte dies ein neuer Zugang für die Behandlung des Trockene Auges, neben Cyclosporin A und anderen antientzündlichen Therapien, sein.


Oxidativer Stress und Augenerkrankungen

Der Zusammenhang zwischen oxidativem Stress und Augenerkrankungen ist in der Literatur gut belegt, besonders für AMD. Die grosse, doppelblinde, prospektive Studie über altersbedingte Augenerkrankungen (AREDS) zeigte einen positiven Effekt von Antioxidantien in der Unterdrückung der AMD. AMD wird gegenwärtig als Erkrankung gesehen, welche durch oxidativen Stress als auch Entzündung ausgelöst wird. Rauchen, erhöhter Body Mass Index, Sonnenexposition, Anhäufung von Eisen, Blei oder Kadmium sind Risikofaktoren, welche einen oxidativen Stress vermuten lassen und somit in die Ursache der AMD involviert sind. Giftige Schwermetalle scheinen für den Exzess an freien Radikalen wichtig zu sein und Verbindungen zu anderen altersbedingten Augenerkrankungen liegen vor, wie z. B. erhöhte Bleiwerte bei Glaukompatienten.
In der AREDS2-Studie (die bis ca. 2014 läuft) werden zusätzlich zu den Vitamine A, C, E, Zink und Kupfer auch die Substanzen Lutein und Zeaxanthin sowie Eicosapentaen- und Doxosahexaensäure (EPA/DHA) verabreicht. Von Lutein, Zeaxanthin und EPA/DHA wird ebenfalls erwartet, dass sie antioxidativ und antientzündlich sind. Hinweise dafür gibt es bereits.
In klinischen Arbeiten konnten wir zeigen, dass Tabakrauch Entzündung verursacht und damit ROS an der Augenoberfläche entstehen könne, was wiederum ein Trockenes Auge auslöst. Tabakrauch ist ein Risikofaktor für ein Trockenes Auge, möglicherweise durch den oxidativen Stress der durch den Rauch ausgelöst wird.
Die Häufigkeit des Trockenen Auges scheint vom Konsum von EPA/DHA abhängig zu sein. Die Einnahme von EPA scheint somit hilfreich in der Behandlung des Trockenen Auges zu sein.
Auch Lactoferrin, welches antioxidativ ist, ist ein wichtiger Bestandteil der Tränenflüssigkeit. Einnahme von Lactoferrin erhöht das Tränenvolumen und verbessert die Beschwerden des trockenen Auges. Andere Eiweiße in der Tränenflüssigkeit wie z. B. Präalbumin oder Selenoproteine scheinen ebenfalls wichtig in der Kontrolle des oxidativen Stresses an der Augenoberfläche zu sein.


Persönliche Erfahrung von Professor Tsubota

Während meiner Tätigkeit am „Massachusetts Eye and Ear Infirmary“ 1985 hat man mein Trockenes Auge entdeckt. Mein Schirmer-Test war zu jener Zeit, und auch in den folgenden Jahren sowie nach meiner Rückkehr nach Japan, in beiden Augen immer 0mm. Später fand ich heraus, dass meine Basalsekretion 0mm war und meine Reflexsekretion aber irgendwie erhalten blieb. Ich habe zwar an Augenmissempfindungen gelitten, habe aber gedacht, dass dies durch eine Überanstrengung der Augen zustande gekommen sei und durch richtige Anwendung von Augentropfen verbessert werden könnte.
Diese Erfahrung und Erkrankung motivierte mich, eine "Trockene Augen"-Gesellschaft in Japan zu gründen und wissenschaftliche Tätigkeit und Lehre aufzunehmen. Ich habe autologes Serum, Gläser zur Befeuchtung der Augen und Öltropfenanwendung für die Augen entwickelt und zwar um meinen Zustand des Trockenen Auges zu verbessern. Mein Schirmertest blieb aber bei 0mm und die Irritationen blieben bestehen. In 2001 gründete ich mit Kollegen die „Japanese Antiaging Society“ und zur gleichen Zeit begann ich selber damit, mich mit „Antiaging“-Medizin zu behandeln. Ich befolgte die grundlegenden Prinzipien und praktizierte KR, Einnahme von Nahrungsergänzungen und begann Sport zu treiben, was zu einer Verbesserung meiner körperlichen Parameter führte.
Zu meiner grossen Überraschung und Freude bemerkte ich auch, dass mein Trockenes Augen sich verbessert, mein Rückenschmerz beträchtlich abnahm und mein Gedächtnis sich verbesserte. Der Schirmertest verbesserte sich ebenfalls deutlich und zeigt heute 30mm in beiden Augen. Mein Augentropfenverbrauch hat sich von 50x/Tag auf 1-2x/Tag verringert.
Die Daten aus persönlichen Erfahrungen sind immer limitiert, aber ich bin zuversichtlich, dass das Trockene Auge mit einem Antiaging-Ansatz in der täglichen Praxis behandelt werden kann.